
Chinas Fußabdruck am Balkan – CEE Research
Wir analysieren den wachsenden Einfluss Chinas auf den westlichen Balkan vor dem Hintergrund von EU-Müdigkeit, Handelsungleichgewichten und globalen Sicherheitsbedenken.
In den letzten zehn Jahren hat China seine Präsenz in den westlichen Balkanstaaten verstärkt und damit auch seinen Einfluss ausgebaut. Im Jahr 2012 wurde der China-Mittel-Ost-Europa-Gipfel initiiert, ein Jahr später die Belt and Road Initiative. Beide zielten auf eine Vertiefung der Zusammenarbeit in den Bereichen Handel, Investitionen und Infrastruktur ab.
Die Lücke füllen: EU-Müdigkeit im letzten Jahrzehnt
Für viele südosteuropäische Länder war diese Zusammenarbeit eine willkommene Gelegenheit, denn die EU hinterließ diese Lücke, indem sie in dieser Zeit weniger Interesse an engeren Beziehungen oder gar einem EU-Beitritt der südosteuropäischen Länder zeigte. Stattdessen führten arbiträre Forderungen und Verzögerungen zu einer EU-Müdigkeit in Teilen der Region.
Infolgedessen suchten einige Länder nach neuen Partnern, um Zugang zu Entwicklungsmöglichkeiten zu erhalten und den Finanzbedarf zu decken, nicht zuletzt da es einen Bedarf an besserer Infrastruktur und Wachstumsperspektiven gab. Trotzdem blieb die EU ein zentraler Partner, insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche Integration durch Handel, Remittances und ausländische Direktinvestitionen in vielen Ländern Südosteuropas.

Der Anteil der EU am Handel mit den Ländern Südosteuropas lag 2022 bei rund 65 %, während der Anteil Chinas mit 4,5 % deutlich geringer war. Der Löwenanteil des letztgenannten Anteils entfällt auf Einfuhren aus China, was wiederum zu einer stark asymmetrischen Beziehung führte und das Handelsdefizit zwischen den Ländern Südosteuropas und China erheblich vergrößerte. Dementsprechend ist das Verhältnis stark zu Gunsten Chinas geneigt, das von Anfang an neben anderen Zielen auch das Ziel verfolgte, neue Exportmärkte zu erschließen.

Die EU ist nach wie vor der größte Investor in Bezug auf die FDI-Bestände, während die FDI-Ströme aus China rasch zunehmen und sich hauptsächlich auf Serbien konzentrieren. Im Jahr 2022 waren die FDI-Ströme aus China nach Serbien sogar genauso hoch wie die aus der EU. Die geringeren FDI-Ströme in andere Länder sind jedoch auch darauf zurückzuführen, dass China sich auf die Vergabe von Krediten konzentriert, deren Bedingungen die Beauftragung chinesischer Unternehmen für Infrastrukturprojekte beinhalten, was zu Kritik aufgrund von Intransparenz und Umweltschäden führt und in einigen Ländern zu Schuldenkrisen beiträgt.
So hat beispielsweise das umstrittene milliardenschwere Autobahnprojekt in Montenegro die Staatsverschuldung beträchtlich erhöht, was die Frage aufwirft, ob das kleine Land in der Lage sein wird, die Schulden zurückzuzahlen, während der Nutzen des Projekts zweifelhaft ist.
Trotz dieser Kritik bot China den Ländern die Möglichkeit, Projekte durchzuführen, und unterbreitete scheinbar attraktive Angebote, wenn andere Investoren nicht anwesend waren. Außerdem wären prestigeträchtige Projekte wie die Peljesac-Brücke in Südkroatien ohne Chinas Beteiligung vielleicht nicht so schnell realisiert worden.
Krieg in der Ukraine: Angespannte Beziehung
Lieferengpässe aufgrund der Pandemie und des Krieges der Ukraine haben die Notwendigkeit einer Diversifizierung der Lieferkette und einer Verringerung des Risikos unterstrichen, aber auch globale Gräben offenbart. Im Zusammenhang mit dem Nearshoring bieten sich für die südosteuropäischen Länder Möglichkeiten, sich in engerer Zusammenarbeit mit der EU weiterzuentwickeln, wodurch sie möglicherweise in direkten Wettbewerb mit China treten.
Globale Sicherheitsbedenken erstrecken sich jedoch auch auf den externen Einfluss auf kritische Infrastrukturen wie Häfen und Telekommunikationsnetze. Generell ist eine fragmentierte Welt mit Kosten verbunden, die zu weniger effizienten Lösungen führen können. Darüber hinaus wäre ein Abkopplungsszenario, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Präsidentschaft Trumps, für Europa aufgrund seiner engeren Beziehungen zu China noch schädlicher.
De-riskingund stabilere Lieferketten sind nach wie vor ein sinnvolles Ziel, von dem die SEE-Region profitieren könnte, aber ein weiteres Auseinanderdriften auf globaler Ebene würde die Bewältigung dringender Probleme wie der Klimakrise, die eine weltweite Zusammenarbeit erfordert, aufschieben.
Positiv zu vermerken ist, dass der Krieg auch innerhalb der EU zu der Einsicht geführt hat, dass die EU-Erweiterung notwendig ist und eine neue Dynamik geschaffen hat, die durch Investitionen und politischen Willen die südosteuropäischen Länder näher an die EU heranführt und neue Perspektiven bietet.

Expand to new markets
Erhalten Sie mehr exklusive Marktanalysen wie diese – mit uns als Partner für Ihr CEE-Business! Jetzt Whitepaper anfordern und konzernweite Lösungen entdecken.
Be the first
Jetzt Raiffeisen Insights abonnieren und regelmäßig E-Mails mit den neuesten Trends aus der Wirtschafts- und Geschäftswelt erhalten.