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Im Vordergrund weht die ukrainische Flagge in leuchtendem Blau und Gelb. Im Hintergrund erstreckt sich eine weitläufige Stadtlandschaft unter leicht bewölktem Himmel, die Dächer sind schneebedeckt. Die Szene vermittelt Nationalstolz und eine positive, lebendige Atmosphäre.

Der Weg der Ukraine zum EU-Beitritt

Die Ukraine hat bedeutende Fortschritte auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft gemacht, insbesondere bei der Angleichung ihres Finanzdienstleistungssektors an EU-Standards. Trotz der Herausforderungen durch den anhaltenden Krieg und den umfangreichen legislativen Anpassungsbedarf schreitet das Land mit wichtigen Reformen und regulatorischen Fahrplänen voran.

  • By Bohdana Yefremova
  • Market Trends

In ihrem neuesten Bericht im Rahmen des Erweiterungspakets 2025, veröffentlicht am 4. November, würdigte die EU-Kommission die bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit der Ukraine und ihr unerschütterliches Engagement für ihre europäischen Bestrebungen, trotz der anhaltenden Eskalation des Krieges.

Die Ukraine stellte am 28. Februar 2022 den Antrag auf EU-Mitgliedschaft. Die zwischenstaatliche Konferenz zur Einleitung der Beitrittsverhandlungen fand am 25. Juni 2024 statt. Das Land hat den Screening-Prozess erfolgreich abgeschlossen und bedeutende Fortschritte bei wichtigen Reformen erzielt. Insbesondere hat die Ukraine Fahrpläne zur Rechtsstaatlichkeit, öffentlichen Verwaltung und Funktionsweise demokratischer Institutionen sowie einen Aktionsplan für nationale Minderheiten erstellt. Infolgedessen hat die Europäische Kommission bestätigt, dass die Ukraine bereit ist, den ersten, zweiten und sechsten Cluster der Beitrittsverhandlungen zu eröffnen.

Das Ziel der ukrainischen Regierung ist es, die Beitrittsverhandlungen bis Ende 2028 abzuschließen. Während die Kommission sich verpflichtet, dieses ehrgeizige Ziel zu unterstützen, betont sie, dass eine Beschleunigung der Reformen, insbesondere in grundlegenden Fragen wie der Rechtsstaatlichkeit, unerlässlich ist. Folglich liegt eine enorme Arbeit vor dem Land. Nach Angaben ukrainischer Beamt:innen umfasst die Umsetzung der EU-Gesetzgebung die Harmonisierung von über 27.000 Rechtsakten, wobei jedes Ministerium und jede Behörde ein spezifisches „Paket“ von Rechtsakten erhält, die mit den EU-Standards und Anforderungen in Einklang gebracht werden müssen.

Im Bereich der Finanzdienstleistungen fallen die relevanten Anforderungen unter Kapitel 9 des Clusters 2, welcher den Binnenmarkt betrifft. Um die Harmonisierung in diesem Sektor voranzutreiben, hat die National Securities and Stock Market Commission (NSSMC; Deutsch: Nationale Wertpapier- und Börsenkommission) am 23. September einen Fahrplan und eine Analyse mit dem Titel „Regulatorische Angleichung der Kapitalmarktgesetzgebung im Hinblick auf den EU-Beitritt der Ukraine“ genehmigt. Dieser Fahrplan, der hier abrufbar ist, bietet eine vergleichende Analyse der aktuellen ukrainischen Gesetzgebung mit europäischen Standards, identifiziert Lücken und beschreibt die wichtigsten Harmonisierungsschwerpunkte.

Zu den wichtigsten Umsetzungsbereichen gehören die Regulierung von Investmentdienstleistungen und Investmentfirmen, Corporate Governance und die Transparenz der Emittenten, der Betrieb von Börsen, die Entwicklung von kollektiven Investment- und Pensionsfonds sowie Märkte für derivative Finanzinstrumente und Rohstoffe, und der Schutz der Anleger:innenrechte.

Der Bericht unterteilt die zu harmonisierenden Rechtsnormen in vier Abschnitte nach Umsetzungspriorität:

  1. Sofortige Priorität: Entwürfe von Gesetzen müssen bis Q2 2025 dem Parlament vorgelegt oder sekundäre Rechtsakte von der NSSMC verabschiedet werden.
  2. Kurzfristige Priorität: Fristen sind für Q1 2025 gesetzt.
  3. Mittelfristige Priorität: Die Umsetzung ist bis Q1 2026 vorgesehen.
  4. Langfristige Priorität: Diese Punkte sollen bis Q1 2027 abgeschlossen werden.

Wie im Bericht dargelegt, umfassen die sofortigen Prioritäten für die Umsetzung die UCITS und AIFMD Richtlinien, als auch die EuVECA, EuSEFs, ELTIFs, MiCA und MAR Verordnungen. Diese Normen werden durch kürzlich verabschiedete Gesetze – nämlich die Gesetze über virtuelle Vermögenswerte und die Regulierung der Kapitalmärkte sowie über organisierte Rohstoffmärkte – adressiert. Allerdings könnten einige zusätzliche Regelungen erforderlich sein, um bestehende Lücken vollständig zu schließen.

Die nächste Kategorie umfasst die Verordnungen der Ratingagenturen, SFTR, die Prospektverordnung und die Verbriefungsverordnung sowie die Richtlinien IORP II, Covered Bonds Directive, Transparenzrichtlinie und Listing Directive. Während bestehende Gesetze die jeweiligen Normen im Allgemeinen abdecken, erfordert deren vollständige Umsetzung die Entwicklung und Verabschiedung einiger sekundärer Rechtsakte. Daher wird erwartet, dass diese EU-Rechtsakte kurzfristig, bis Q1 2026, umgesetzt werden.

Die Richtlinien SFD, FCD, über die Anleger:innenentschädigungssysteme, BRRD, über die aufsichtsrechtliche Überwachung von Investmentfirmen, MiFID II, und die Verordnungen EMIR, CSDR, über den Rahmen für die Sanierung und Abwicklung von zentralen Gegenparteien, die Benchmark-Verordnung, DLTR, MiFIR II und IFR werden mittelfristig mit einer Frist bis Q1 2027 umgesetzt, da sie die Schaffung eines sekundären Rechtsrahmens erfordern.

Schließlich sind die verbleibenden Richtlinien – Finanzkonglomerate-Richtlinie, CRD, ebenso wie die PRIIPs-Verordnung, MMFs, die Verordnung über grenzüberschreitende Fondsvertriebe und die Crowdfunding-Verordnung – für eine langfristige Umsetzung vorgesehen, mit einem Zielabschluss im Q4 2027.

Zusammenfassend ist der Weg der Ukraine zur EU-Mitgliedschaft zwar mit Herausforderungen verbunden, doch ihr starkes Engagement für Reformen und die Erfüllung der EU-Standards ist deutlich. Für eine erfolgreiche Integration in die Europäische Union ist es jedoch wichtig, ein Gleichgewicht in den regulatorischen Rahmenbedingungen zu finden. Viele Marktteilnehmer:innen äußern Bedenken hinsichtlich einer Überregulierung des lokalen Aktienmarktes, was Innovation hemmen, die Handelsaktivität verringern und ausländische Investoren abschrecken kann. Daher sollte die Umsetzung des vorgeschlagenen Fahrplans und der legislativen Prioritäten nicht nur auf Regeln fokussieren, sondern auch ein wachstums- und investitionsfreundliches Umfeld schaffen. Durch die Bewältigung dieser regulatorischen Herausforderungen kann die Ukraine für Investoren attraktiver werden und ihre Integration in die EU erleichtern.